Kirche und Musiksommer
Der Musiksommer zwischen Inn und Salzach leistet seit einem halben Jahrhundert einen wertvollen Beitrag dazu, mittels exzellenter Musik einer breiten Zuhörerschaft gleichsam den Himmel offen zu halten. Seit über vier Jahrzehnten ist der „Musiksommer zwischen Inn und Salzach“ eine feste Größe in der regionalen Konzert- und Festivallandschaft der fünf Landkreise Rosenheim, Traunstein, Mühldorf am Inn, Altötting und Berchtesgadener Land.
Die christliche Tradition hat uns viele prächtige Kirchen geschenkt, oft in wunderbarer Landschaft oder inmitten der Orte. Sie atmen Geschichte und eröffnen Räume zur stillen Einkehr und gemeinsamer Feier der Liturgie. Sie bieten Platz für alle Lebenslagen: Freud und Leid, Frieden und Krieg, Leben und Tod – wichtig genug, um für ihre Gestaltung nur das Beste aufzubieten. Der genius loci eines in Jahrhunderten durchbeteten Gemäuers ist satt an Spiritualität, die weihrauchschwangere Luft verweist auf Gottes Gegenwart und eröffnet eine Ahnung von dem, was oben ist und "die Welt im Innersten zusammenhält".
Unsere Kirchen bieten auch den historisch-künstlerisch angemessenen Hintergrund, für den die musikalischen Werke dereinst geschaffen wurden. Nicht nur die Atmosphäre, meist auch die Akustik einer Kirche ist durch einen Konzertsaal kaum zu übertreffen. Die Kirchenmusik ist für die feierliche Liturgie geschaffen, aber selbst im schlichten Konzert entsteht für alle Sinne eine andere Welt. Das Gesamtkunstwerk Architektur, Kunst, die Sprache der biblischen oder hagiografischen Szenen und eben die Musik begleiten den Hörer in andere Sphären und öffnen ihn für eine höhere Wirklichkeit. So wie Orpheus mit seinem Gesang sogar die Unterwelt positiv erfüllen und verändern konnte.

Freilich stehen Kirchen und Konzerte in einem spannungsvollen Verhältnis, weswegen Päpste und offizielle Verlautbarungen zur Vorsicht mahnen. Kirchenmusik gehört grundsätzlich in die Liturgie, weil sie nur dort zu vollen Entfaltung kommt. Wenn Konzerte, dann nur dem heiligen Ort würdig und angemessen. Dennoch wird erkannt, dass angesichts des wachsenden Analphabetentums in Glaubensfragen die Musik immerhin ein Weg ist, Menschen zu berühren, mit der göttlichen Sphäre in Kontakt zu bringen, die sich ansonsten im Alltag vieler Menschen verflüchtigt hat.
Angesichts dieser Realität leistet der Musiksommer zwischen Inn und Salzach seit einem halben Jahrhundert einen wertvollen Beitrag dazu, unserer Zeit mittels exzellenter Musik einer breiten Zuhörerschaft gleichsam den Himmel offen zu halten.
Als Vertreter der Kirchen im Vorstand freue ich mich darüber, dass es im Programm des Musiksommers zahlreiche Kirchenkonzerte gibt. Sie sind das Tor in eine andere Welt, die Papst Benedikt XVI. nach einem Konzert mit Albrecht Meyer über den Klang der Oboe philosophierend so poetisch beschreibt: "Es war bewegend, wie aus einem Stück Holz ein ganzer Kosmos von Musik entströmt: das Abgründige und das Heitere, das Verspielte und das Ernste." Möge diese Erfahrung den Hörern unserer Kirchenkonzerte im Musiksommers zwischen Inn und Salzach immer wieder zuteilwerden und das Herz erheben.
Monsignore Dr. Thomas Frauenlob
Vorstand des „Musiksommer zwischen Inn und Salzach e.V.“